Die allgemein verbreitete Empfehlung, täglich 2000 Kalorien zu sich zu nehmen, ist veraltet. Neue wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass der tatsächliche Energiebedarf oft deutlich höher liegt – insbesondere bei körperlich aktiven Personen. Messungen aus den USA und den Niederlanden zeigen, wie stark die tatsächliche Kalorienzufuhr vom individuellen Lebensstil abhängt.
Inhaltsverzeichnis:
- Experiment in Maastricht zeigt realistischen Kalorienverbrauch
- FDA legte Kalorienempfehlung auf Grundlage veralteter Umfragen fest
- Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)
- Studie des NIH bestätigt Einfluss der Lebensmittelqualität
Experiment in Maastricht zeigt realistischen Kalorienverbrauch
An der Universität Maastricht wurden präzise Messungen des Energiebedarfs unter Alltagsbedingungen durchgeführt. In speziellen Respirationskammern wurden Probanden über sieben Stunden bei Tätigkeiten wie Schreibtischarbeit, Hausarbeit und Sport überwacht. Die Forscher analysierten die Menge an ausgeatmetem Kohlendioxid und aufgenommenem Sauerstoff, um den tatsächlichen Kalorienverbrauch zu ermitteln.
Ein zentrales Ergebnis: Je höher die körperliche Aktivität, desto größer ist der Kalorienbedarf. Zur genauen Erfassung wurde der sogenannte PAL-Wert (Physical Activity Level) verwendet. Dieser multipliziert den Grundumsatz mit einem Aktivitätsfaktor. Zum Beispiel:
- PAL 1,4: Büroarbeit, wenig Bewegung
- PAL 2,5: Körperlich harte Arbeit oder intensives Training
Ein PAL-Wert von 2,5 bedeutet einen Kalorienverbrauch, der das 2,5-Fache des Grundumsatzes beträgt.
FDA legte Kalorienempfehlung auf Grundlage veralteter Umfragen fest
Die Zahl 2000 stammt ursprünglich aus den 1990er Jahren. Die US-amerikanische Lebensmittelbehörde FDA errechnete sie aus Umfragen, in denen Befragte ihre Kalorienzufuhr selbst einschätzten. Dabei wurde ein Durchschnittswert von 2400 kcal ermittelt, den die FDA auf 2000 kcal abrundete. Der Grund: Man wollte vermeiden, dass kleine, schlanke Frauen zu viel essen.
Diese Herangehensweise ist wissenschaftlich nicht mehr haltbar. Selbst die FDA gibt heute auf ihrer Website an, dass der Energiebedarf individuell verschieden ist. Dennoch halten sich die 2000 kcal hartnäckig auf Verpackungen und in Ernährungstabellen.
Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) berücksichtigt in ihren Empfehlungen Alter, Geschlecht und Aktivitätsniveau. Die Spannbreite ist groß:
Für Männer:
- 15–18 Jahre: 2600–3400 kcal
- 25–50 Jahre: 2300–3000 kcal
- 51–64 Jahre: 2200–2800 kcal
Für Frauen:
- 15–18 Jahre: 2000–2600 kcal
- 25–50 Jahre: 1800–2400 kcal
- 51–64 Jahre: 1700–2200 kcal
Diese Zahlen zeigen: Die angenommene Einheitsgröße von 2000 kcal ist nur für einen Teil der Bevölkerung realistisch.
Studie des NIH bestätigt Einfluss der Lebensmittelqualität
Kevin Hall vom National Institute of Health (NIH) in den USA untersuchte zusätzlich, wie die Art der Lebensmittel den Energiehaushalt beeinflusst. In einem Experiment konsumierten Teilnehmer entweder hochverarbeitete oder unverarbeitete Produkte. Das Ergebnis: Bei hochverarbeiteten Lebensmitteln stieg die tägliche Kalorienaufnahme signifikant.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass nicht nur Menge, sondern auch Qualität der Nahrung entscheidend ist. Dennoch bleibt die individuelle Aktivität der wichtigste Faktor bei der Bestimmung des Energiebedarfs.
Einheitliche Kalorienempfehlungen greifen zu kurz. Neue Forschung fordert differenzierte Richtlinien, die Alter, Geschlecht, Bewegung und Lebensmittelqualität einbeziehen.
Quelle: Focus