Die Entscheidung, ein Kind zu bekommen, zählt zu den wichtigsten und emotional bedeutendsten Momenten im Leben vieler Frauen. Eine Schwangerschaft ist nicht nur ein natürlicher biologischer Prozess – sie ist auch eine Zeit großer körperlicher, seelischer und sozialer Veränderungen. Die richtige Vorbereitung auf eine Schwangerschaft ist entscheidend, um sowohl die Gesundheit der werdenden Mutter als auch die des ungeborenen Kindes bestmöglich zu unterstützen. In Deutschland stehen Frauen zahlreiche medizinische und beratende Angebote zur Verfügung, die ihnen helfen, sich auf eine Schwangerschaft vorzubereiten und diese sicher zu durchleben. Dennoch kursieren viele Halbwahrheiten und Unsicherheiten – etwa über Ernährung, Impfungen, Medikamente oder den Umgang mit Erkrankungen während der Schwangerschaft.
Frühzeitige Vorbereitung auf die Schwangerschaft
Bereits bei Kinderwunsch empfiehlt es sich, frühzeitig einen gesunden Lebensstil zu pflegen. Sprechen Sie mit Ihrem Frauenarzt bzw. Ihrer Frauenärztin über Ihre Pläne: Unregelmäßigkeiten im Zyklus, Vorerkrankungen (z.B. Diabetes, Bluthochdruck, Schilddrüsenerkrankungen, Asthma) oder vergangene Operationen (z.B. Myome) sollten besprochen und ggf. behandelt werden, bevor Sie schwanger werden. Nutzen Sie die Zeit vor der Schwangerschaft für einen „Neustart“: Gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und das Schließen von Impflücken.
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Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf viel Gemüse (mind. 3 Portionen/Tag) und Obst (2 Portionen/Tag), Vollkornprodukte, mageres Fleisch, Fisch und Milchprodukte. Trinken Sie ausreichend Wasser (ca. 2 Liter/Tag). Eine Vitaminsupplementierung mit 400 µg Folsäure täglich wird bereits bei Kinderwunsch empfohlen, da Folsäuredefizit das Risiko für Neuralrohrdefekte (z.B. Spina bifida) erhöht. Ebenfalls wichtig ist Jod: Schwangeren und Stillenden wird eine tägliche Zufuhr von 100–150 µg empfohlen, da Jodmangel die Hirnentwicklung des Kindes beeinträchtigen kann.
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Gewicht und Bewegung: Ein gesundes Körpergewicht (BMI im Normalbereich) verbessert die Fruchtbarkeit. Übergewicht erhöht das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes, Bluthochdruck und Geburtskomplikationen. Beginnen Sie daher bei Übergewicht frühzeitig mit Gewichtsreduktion und moderater Bewegung (z.B. Ausdauertraining), idealerweise zusammen mit Ihrem Partner. Regelmäßige Bewegung stärkt das Herz-Kreislauf-System und bereitet den Körper auf die Belastung der Schwangerschaft und Geburt vor.
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Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen: Vereinbaren Sie vor der Schwangerschaft einen allgemeinen Gesundheits-Check. Gegebenenfalls sollte eine Krebsvorsorge (z.B. Gebärmutterhalsabstrich) erfolgen und ein Zahnarztbesuch liegen – hormonelle Veränderungen in der Schwangerschaft begünstigen Zahnfleischentzündungen, daher sollten größere Zahnbehandlungen vorher abgeschlossen werden. Überprüfen Sie Ihren Impfpass: Ein Schutz gegen Röteln, Masern, Mumps und Windpocken (Varizellen) ist vor der Schwangerschaft wichtig, da Infektionen im ersten Trimester zu schweren Fehlbildungen führen können. Fehlt der Nachweis (z.B. bei zwei Röteln-Impfungen), lassen Sie den Antikörpertiter bestimmen und impfen Sie sich gegebenenfalls rechtzeitig. Auffrischungen für Tetanus, Diphtherie und Polio sollten vorliegen. Auch eine Grippeimpfung wird Schwangeren empfohlen, da schwere Grippeverläufe (Influenza) Frühgeburten auslösen können. Hinweise, dass eine COVID-19-Impfung die Fruchtbarkeit beeinträchtigt, sind unbegründet – eine COVID-19-Impfung vor der Schwangerschaft ist zulässig und kann sinnvoll sein (insbesondere für Schutz im ersten Trimester).
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Verzicht auf Risiken: Während der Familienplanung und später in der Schwangerschaft sollten Sie auf Alkohol und Nikotin verzichten. Es gibt keine sichere Alkoholmenge für das ungeborene Kind: Bereits geringe Mengen können die kindliche Entwicklung schädigen – das Fötale Alkoholsyndrom ist die häufigste vermeidbare Behinderung. Rauchen vermindert die Fruchtbarkeit und erhöht das Risiko von Fehlgeburten, Frühgeburten und Untergewicht des Babys. Auch Passivrauchen wirkt schädlich. Vermeiden Sie alle riskanten Substanzen, darunter Cannabis und bestimmte Schmerzmittel; Paracetamol gilt als das sicherste Fiebersenker- und Schmerzmittel der Wahl in der Schwangerschaft.
Gesundheit und Ernährung während der Schwangerschaft
In der Schwangerschaft gelten dieselben Grundregeln einer gesunden Lebensweise: Behalten Sie eine ausgewogene Ernährung bei und stillen Sie überflüssiges Gewicht ab. Da der Nährstoffbedarf steigt, können Sie kleine zusätzliche Portionen benötigen (z.B. 2–3 Extra-Portionen Obst/Gemüse). Nehmen Sie weiter 400 µg Folsäure täglich ein (bis mindestens zum Ende des ersten Trimesters) und ergänzen Sie Jod (100–150 µg/Tag), um die Entwicklung von Gehirn und Schilddrüse beim Kind zu sichern. Achten Sie auf genug Eiweiß (Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchte, Eier) und gesunde Fette (vorwiegend pflanzliche Öle).
Empfohlen wird weiterhin viel Flüssigkeit (vorwiegend Wasser). Essen Sie regelmäßig, aber vermeiden Sie starke Gewichtszunahme und zu großes Sättigungsgefühl. Bei Unverträglichkeiten (z.B. Laktose, Gluten) oder bei vegetarischer/veganer Ernährung planen Sie frühzeitig Supplemente (B12, Eisen).
Wichtige Nährstoffe und Hinweise:
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Folsäure (Vitamin B₉): 400 µg/Tag bereits ab Kinderwunsch; Schutz vor Neuralrohrdefekten.
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Jod: 100–150 µg/Tag (Tagesbedarf Schwangerer) für Schilddrüse und Hirnentwicklung.
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Eisen: Erhöhter Bedarf, besonders in 2. und 3. Trimester (achten Sie auf eisenreiches Essen, ggf. Supplemente bei Mangel).
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Kalzium und Vitamin D: Für Knochenbildung von Mutter und Kind; Milchprodukte und Sonnenschein nutzen.
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Flüssigkeit: Mindestens 2 Liter am Tag, bevorzugt Wasser.
Vermeiden Sie rohes Fleisch, rohe Eier und Rohmilchprodukte wegen Listerien- und Toxoplasmose-Gefahr. Auch bestimmte Fischarten mit hohem Quecksilbergehalt (z.B. Hai, Schwertfisch) sollten Sie meiden. Konsumieren Sie koffeinhaltige Getränke nur in Maßen (max. 200 mg Koffein pro Tag).
Untersuchungen und Vorsorge während der Schwangerschaft
Nehmen Sie regelmäßig an den Mutterschaftsvorsorgeuntersuchungen teil. Neben Ultraschall-, Blut- und Urintests werden routinemäßig auch Antikörper gegen Erreger wie Röteln, Hepatitis B, Syphilis und HIV geprüft. Informieren Sie Ihre Ärztin/Ihren Arzt über Infektionen oder Symptome, damit sie entsprechend abgeklärt werden können. Bei jedem Termin wird auch Blutdruck und Urin (Protein/Zucker) kontrolliert, um Schwangerschaftsbluthochdruck oder Gestationsdiabetes früh zu erkennen.
Falls es im bisherigen Leben unerkannte chronische Erkrankungen gab (z.B. Nierenleiden), besprechen Sie diese ebenfalls. Einige Medikamente (z.B. Isotretinoin gegen Akne) dürfen in der Schwangerschaft nicht eingenommen werden – klären Sie vorab Alternativen ab.
Erkrankungen und Infektionen
Schwangere sind gegenüber Infektionen oft empfindlicher. Halten Sie sich von Personen mit akuten Infekten (Husten, hohes Fieber) fern, wenn möglich. Waschen Sie sich regelmäßig die Hände und lüften Sie häufig. Informieren Sie Ihren Arzt/Ihre Ärztin bei grippeähnlichen Symptomen: Bei akutem Fieber können Wehen ausgelöst werden und schwere Verlaufsformen (z.B. Grippe, Corona) sind insbesondere im 3. Trimenon problematisch. Bei Fieber oder Schmerzen ist Paracetamol (1000 mg) das Mittel der Wahl, es gilt als sicher.
Kommt es zu konkreten Erkrankungen, besprechen Sie die Behandlung genau mit Fachpersonal. Viele Antibiotika (z.B. Penicilline, Cephalosporine) dürfen nach ärztlicher Rücksprache verwendet werden. Zum Beispiel werden Harnwegsinfektionen konsequent mit Antibiotika behandelt (häufig Cephalexin oder Nitrofurantoin), da sie sonst die Frühgeburtsgefahr erhöhen können. Lassen Sie anormale Symptome nie unbehandelt – Ihr Arzt/Ärztin wird die risikofreie Therapie wählen.
Spezielle Hinweise: Gegen Grippe und COVID-19 ist eine Impfung möglich – die STIKO empfiehlt insbesondere die Grippeimpfung während der Schwangerschaft sowie die vollständige COVID-Impfserie vor bzw. während der Schwangerschaft. Es gibt keinen sicheren Alkoholpegel – meiden Sie deshalb komplett Alkohol, auch vor der bekannten Schwangerschaft, um das Risiko des Fetalen Alkoholsyndroms zu eliminieren.
Wochenbett - Erholung und Nachsorge nach der Geburt
Das Wochenbett (ca. 6–8 Wochen nach Geburt) dient der körperlichen und psychischen Regeneration. Gönnen Sie sich viel Ruhe und schonen Sie den Beckenboden und Bauch: Vermeiden Sie in den ersten Wochen schweres Heben oder anstrengende Sportarten. Nach etwa 6–8 Wochen können Sie mit Rückbildungsgymnastik beginnen – gezielte Übungen (Beckenboden, Bauchmuskeln, Rücken) helfen Ihrem Körper, in die alte Form zurückzufinden und sind meist Kassenleistung.
In dieser Zeit kümmert sich eine Hebamme um Sie und das Baby. Gesetzlich Versicherte haben Anspruch auf Wochenbettbetreuung: In den ersten zehn Tagen besucht die Hebamme Sie idealerweise täglich zu Hause, danach je nach Bedarf noch im Wochenbett insgesamt bis zu 12 Wochen (bis zu 16 Hausbesuche). Zusätzlich erfolgen zwei ärztliche Nachuntersuchungen (eine innerhalb einer Woche nach der Geburt, eine nach 6–8 Wochen). Die Hebamme prüft Wundheilung (z.B. Kaiserschnitt-Naht, Dammriss), berät zu Stillen und Säuglingspflege und beantwortet Fragen zur körperlichen und seelischen Verfassung.
Beachten Sie, dass es normal ist, nach der Geburt Stimmungsschwankungen zu haben. Ein leichter „Baby-Blues“ klingt meist innerhalb von Tagen ab. Wenn Sie jedoch länger als zwei Wochen sehr niedergeschlagen sind, sollten Sie dies ansprechen: Etwa 10–15 % der Wöchnerinnen entwickeln eine ernsthaftere Wochenbett- bzw. postnatale Depression. Suchen Sie bei starken Ängsten, Antriebslosigkeit oder extremer Traurigkeit Hilfe bei Ihrer Hebamme, Ihrem Arzt oder einer Beratungsstelle.
In den Wochen danach ist es normal, dass sich Ihr Hormonhaushalt umstellt und die Gebärmutter durch Wochenwehen langsam wieder schrumpft. Achten Sie weiter auf ausreichende Ernährung – insbesondere wenn Sie stillen, steigt der Kalorien- und Nährstoffbedarf an. Nehmen Sie weiterhin zusätzliches Jod (100–150 µg) und evtl. Folsäure (bei weiteren Kinderwunsch oder während des Stillens) zu sich, um die eigene Gesundheit und die des Kindes zu unterstützen.
Für eine gesunde Schwangerschaft und Geburt sind rechtzeitige Vorbereitung (Ernährung, Gewicht, Impfungen), konsequente Vorsorge und Verzicht auf Risiken entscheidend. In der Schwangerschaft führen Sie einen gesunden Lebensstil fort und klären Infektionen umgehend ärztlich ab. Nach der Geburt nehmen Sie sich ausreichend Zeit für Erholung, Rückbildung und mentale Stabilität – so legen Sie den Grundstein für langfristiges Wohlbefinden von Mutter und Kind.
QUELLE:
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Netzwerk „Gesund ins Leben“ – Vorbereitung auf die Schwangerschaft: Ein gesunder Lebensstil minimiert Risikofaktoren (BZfE/BLE, 2021)
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Netzwerk „Gesund ins Leben“ – Jodempfehlung für Schwangere und Stillende (BZfE/BLE, 2021)
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„Schwanger & Kind“ – Wunschkinder: Beste Vorbereitung (Schwangerundkind.de, 2022)
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Frauenärzte im Netz – Infektionserkrankungen während der Schwangerschaft
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Frauenärzte im Netz – Wochenbett & Rückbildung
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Merck Manuals (MSD) – Harnwegsinfektionen in der Schwangerschaft
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Staatliches Gesundheitsportal Bayern – Paracetamol in der Schwangerschaft? (Schwanger in Bayern, 2024)
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Gesundheitsinformation.de – Nach der Geburt (Wochenbett)